Moritat

Moritat
Mo|ri|tat 〈a. [—′-] f. 20in rührselig-schauriger Weise zur Leierkastenbegleitung vorgetragenes, gleichzeitig durch Bilder erläutertes Lied über ein schreckliches Ereignis, gesungene Schauerballade; Sy Bänkellied [vermutl. <Moralität]

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Mo|ri|tat [auch: 'mo:… ], die; -, -en [wohl durch zerdehnendes Singen des Wortes »Mordtat« entstanden]:
1. von einem Bänkelsänger (mit Drehorgelbegleitung) vorgetragenes Lied mit meist eintöniger Melodie, das eine schauerliche od. rührselige (auf einer Tafel in Bildern dargestellte) Geschichte zum Inhalt hat [u. mit einer belehrenden Moral endet].
2. in der Art einer Moritat (1) verfasstes Gedicht, Lied.

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I
Moritat,
 
Bänkelsang.
II
Moritat
 
[wohl durch zerdehnendes Singen des Wortes »Mordtat« (etwa: Mo-red-tat) entstanden] die, -/-en, Sonderform des Bänkelsangs; wurde wie dieser als Lied mit vielen Strophen auf Jahrmärkten vor einer meist fünf bis sechs Bilder enthaltenden Leinwandtafel von berufsmäßigen Moritatensängern abgesungen. Der Schluss des Liedes enthielt eine belehrende Moral. Zum Mitnehmen war ein Moritatenblatt mit ausführlicher Prosadarstellung und dem Liedtext gedacht. Die ersten Belege für Sache und Wort stammen aus dem 17. Jahrhundert Die Blütezeit des Moritatensangs ist das 19. Jahrhundert, im 20. Jahrhundert starb er aus. Sprachliche Formelhaftigkeit und Typisierung der Orte, Personen und Situationen charakterisieren die Moritat, die, von der Drehorgel begleitet und auf bekannte Melodien gesungen, oft im Auftrag der Verleger von anonymen Literaten, Lehrern oder Bänkelsängern selbst verfasst wurden, während die Bildtafeln meist bei Moritatenmalern bestellt wurden. Die Hauptgegenstände der Moritat sind sensationelle Tagesgeschehnisse sowie Verbrechen und deren Bestrafung, selten politische Themen (u. a. wegen der Zensur). Die moralische Grundhaltung kommt im Sieg des Guten zum Ausdruck, das sich in der Obrigkeit institutionell konkretisiert. Motive des Moritatensangs finden sich z. B. bei G. A. Bürger und L. C. H. Hölty, in parodistischer Absicht u. a. bei H. Heine. Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert lebte die Form im literarischen Kabarett wieder auf (u. a. bei O. J. Bierbaum, E. Mühsam, später bei E. Kästner und B. Brecht).

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Mo|ri|tat, die; -, -en [auch: mori'ta:tn̩; wohl durch zerdehnendes Singen des Wortes „Mordtat“ entstanden]: 1. von einem Bänkelsänger (mit Drehorgelbegleitung) vorgetragenes Lied mit meist eintöniger Melodie, das eine schauerliche od. rührselige (auf einer Tafel in Bildern dargestellte) Geschichte zum Inhalt hat [u. mit einer belehrenden Moral endet]. 2. in der Art einer ↑Moritat (1) verfasstes Gedicht, Lied.

Universal-Lexikon. 2012.

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